Zu Gast bei Joe Pichlmayr, CEO IKARUS Security GmbH
Ein thematisches Urgestein habe ich im Geschäftsführer der IKARUS Security Software GmbH in Wien, Joe Pichlmayr gefunden. Er hat mich sehr freundlich in seinem Büro empfangen, wo ich ihm einige Fragen stellen durfte und wir ein sehr interessantes Gespräch rund um das Thema Cyber Security führen konnten.
Gleich zu Beginn stellt er klar, dass Cybersicherheit aktuell noch von Sorglosigkeit und Unwissenheit geprägt ist, obwohl gleichzeitig immer mehr Bedrohungsbilder auftauchen. Unser Leben spielt sich zunehmend mit und auch im Internet ab. Digitale Lebensadern nennt er unsere zunehmende Abhängigkeit von der digitalen Welt.
Welche Chancen und Risiken ergeben sich daraus für den Bildungsbereich?
Am Bildungsbereich hängt sein Herzblut. Programme können seiner Ansicht nach das Thema nicht allein lösen, sondern jeder Internetanwender, und das sind wir alle, müsste aufmerksam sein und darüber Bescheid wissen, was er tut, wenn er sich im Internet bewegt. Gleichzeitig steigt aber die Komplexität der verwendeten Systeme immer mehr und wir verstehen sie eigentlich immer weniger.
Als User wissen wir sehr wenig darüber, welche Programme dafür zuständig sind bzw. welche Prozesse im Hintergrund ablaufen, wenn wir im Netz aktiv sind. Wir wissen nicht, welche Abhängigkeiten wir eingehen und welche Risiken wir dabei nehmen. Diese Wissenslücken müssten schon frühzeitig in der Ausbildung von Kindern und Jugendlichen geschlossen werden.
Die Wenigsten sehen sich als potenzielle Opfer, aber alle Daten sind wertvoll und es gibt bei jedem viel zu holen. In seinem Aufruf, Bewusstsein dafür zu schaffen, vergleicht er die Internetnutzung mit dem Straßenverkehr: Niemand kann daran teilnehmen, ohne die grundlegenden Regeln zu kennen. Ein Gefühl für die Gefahren entwickeln wir in diesem Fall von klein auf. Im Internet ist dies schwieriger, weil wir das meiste, was uns bedroht nicht sehen.
Welche Endgerätenutzung birgt besondere Gefahren?
Mit der Nutzung des Smartphones ist das Risiko des Datenverlusts verbunden und es konfrontiert uns mit dem Thema Datenschutz (Data protection). Wenn wir online Inhalte konsumieren oder bewerten, erzählen wir an sehr viel über uns und diese Informationen werden an Dritte weiterverkauft. Das Geschäftsmodell der kostenlosen App Anbieter besteht eben im Weiterverkauf von Daten, es muss uns bewusst sein, dass wir in diesem Fall selbst das Produkt sind und wir die Appnutzung mit unseren Daten bezahlen. Bei gekauften Apps sollte man jedenfalls darauf schauen, welche Rechte dem Anbieter eingeräumt werden. Der Tipp des Experten, Berechtigungen immer bewusst vergeben und Zugriffe beschränken.
Gibt es einen Unterschied zwischen den Altersgruppen im Umgang mit dem Internet?
Joe Pichmayr sieht in den eher Älteren die kritischsten Geister, je jünger desto sorgloser die Nutzung des Internets. Die Erklärung liefert er in den Möglichkeiten der Sozialisierung.
Ältere Menschen und sogenannte digital immigrants, als Menschen, die erst im Erwachsenenalter den Umgang mit dem Netz kennen gelernt haben, konnten auch Erfahrungen ohne Einfluss der digitalen Welt aufbauen.
Digital natives, also Menschen, die bereits mit digitalen Technologien aufgewachsen sind, konnten gar keine Erfahrungen außerhalb der digitalen Welt sammeln, ihre Welt entstand rund um diese Systeme, sie wachsen mit ganz anderen Abhängigkeiten auf. Der gesamte Tagesablauf und der Großteil der Freundesverwaltung stützen sich auf digitale Systeme.
Aber sowohl für Jugendliche wie für Erwachsene und ältere Menschen gilt gleichermaßen: Nichts im Internet preisgeben oder verschicken, was man nicht bedenkenlos jederzeit jemandem zeigen würde.
Dies vor allem im Zusammenhang mit Cyber Grooming. Laut Wikipedia wird damit die gezielte Manipulation von vor allem Jugendlichen über das Internet bezeichnet. Das Ziel ist es, die Opfer in eine Falle zu locken, um Straftaten wie sexuell motivierte Übergriffe bis hin zur Vergewaltigung zu begehen. (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Cyber-Grooming)
Joe Pichlmayr ortet ein massives Problem darin, abschätzen zu können, welche virtuelle Identität das Gegenüber im Internet hat. Ist das Gegenüber gleichaltrig, passt es in die eigene Peer-Group oder ist es ein Erwachsener mit kriminellen Absichten. Gerade in diesem Bereich brauchen Kinder Begleitung, aber auch die Eltern Unterstützung, weil sie oftmals nicht wissen, was ihre Kinder im Netz machen.
Natürlich braucht es Sicherheitstechnologie, wie es sich die IKARUS Security Software GmbH zur Aufgabe gemacht hat, aber noch viel wichtiger sind die Verhaltensweisen der Menschen, die das Internet nutzen. Zum Glück greifen auch Schulen das Thema verstärkt auf, wie z.B. in der HAK in Horn und die HAK in Tamsweg.
Welche beruflichen Möglichkeiten bietet der Bereich IT-Sicherheit?
Wir alle sind Teilnehmer:innen im Internet, also sollten wir alle Grundlegendes wissen.
Wer sich aber beruflich vertiefen möchte, kann dies z.B. im Bereich des Programmierens von sicherer Software und in weiter Folge auch von Sicherheitssoftware oder im Bau von Sicherheitsapplikationen für Unternehmen tun.
Wer mehr mit Menschen direkt zusammenarbeiten möchte, für den könnte der Bereich Sicherheitsmanagement als CIO (Chief Information Officer) oder CISO (Chief Information Security Officer) interessant sein. Es geht darum Mitarbeiter:innen dafür zu qualifizieren, Awareness für Bedrohungen zu entwickeln und mit diesen richtig umzugehen oder allgemein Unternehmen so zu organisieren, dass sie durch Gefahren aus dem Netz möglichst wenig angreifbar sind.
Wichtig ist aber für jede berufliche Tätigkeit, dass die Beschäftigung mit dem Thema Spaß machen muss, nur so entwickelt man Expertise.
Welchen Expertentipp gibt uns Joe Pichlmayr für mehr Sicherheit im Netz mit?
„Seht die Notwendigkeit, sich mit Cyber Security zu beschäftigen nicht als Ärgernis oder Einschränkung an, sondern als Chance. Je mehr man über die eigenen Systeme weiß, desto weniger ist man nur Passagier, desto mehr kann man selbst gestalten, desto sicherer ist man unterwegs und kann anderen helfen. Das macht mehr Spaß als nur zu konsumieren und irgendwann selbst Opfer zu werden und drauf zu kommen, das hätte man sich sparen können.“
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